Natürlich oder synthetisch? Spermidin im Vergleich

Natürliches Spermidin versus künstliches Spermidine

Die Verwendung von synthetischem Spermidin in Nahrungsergänzungsmitteln nimmt stetig zu – doch wie sicher ist es? Dieser Bericht beleuchtet die Herstellungsprozesse, die regulatorischen Anforderungen in der EU und die Unterschiede zu natürlichem Spermidin.

Synthetisches Spermidin

Herstellung, Zusammensetzung und gesundheitliche Bewertung

Was ist synthetisches Spermidin?

Synthetisches Spermidin ist die künstlich hergestellte Form des natürlichen Stoffes Spermidin, der in fast allen Lebewesen vorkommt, darunter Bakterien, Pilze, Pflanzen, Tiere und Menschen.

Im Gegensatz zu natürlich vorkommenden Spermidin wird synthetisches Spermidin industriell oder im Labor aus Erdölprodukten hergestellt, meist in Form eines Salzes namens Spermidin·3HCl. 5

Ein wesentlicher Unterschied zwischen natürlichem und synthetischem Spermidin besteht in Quelle und Herstellungsmethode. In natürlichen Quellen wie Weizenkeimen tritt Spermidin gemeinsam mit anderen biogenen Aminen wie Spermin und Putrescin sowie mit Cofaktoren wie Vitaminen, Mineralstoffen und Aminosäuren auf. Diese natürliche Kombination trägt zu einem ausgeglichenen Polyaminverhältnis im Körper bei und unterstützt eine optimale Zellfunktion. Im Gegensatz dazu enthalten synthetische Produkte oft nur ein Polyamin in einer im Vergleich zu den anderen Polyaminen unnatürlich hohen Konzentration. Dies stört das natürliche Gleichgewicht. Darüber hinaus stammt natürliches Spermidin aus einer gentechnikfreien, nachhaltigen Quelle – häufig unter Verwendung von Weizenkeimen, einem nährstoffreichen Nebenprodukt –, was im Vergleich zu synthetisch hergestellten Alternativen Transparenz schafft, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sichert und das Vertrauen der Verbraucher stärkt.

Wie wird es hergestellt?

Zur Herstellung nutzt man meistens die Substanz 1,4-Butandiamin („Putrescin“) als Ausgangsstoff. Diese wird mit Acrylonitril umgesetzt, wodurch ein Zwischenprodukt entsteht 1. Dieses wird anschließend chemisch reduziert (oft mit Metallkatalysatoren wie Raney-Nickel oder Palladium) und danach mit Salzsäure behandelt, um Spermidin·3HCl zu erhalten 1, 2. Dabei kommen teils starke Chemikalien zum Einsatz, und Acrylonitril gilt als giftig und möglicherweise krebserregend (IARC-Gruppe 2B) 1, 3. Obwohl chemisch synthetisiertes Spermidin·3HCl vor der Verwendung gereinigt wird, können möglicherweise Rückstände der bei seiner Herstellung verwendeten gefährlichen Chemikalien zurückbleiben. Aus diesem Grund gilt natürliches Spermidin, das beispielsweise aus Weizenkeimen oder anderen pflanzlichen Quellen gewonnen wird, oft als sicherere und sauberere Alternative.

Welche Risiken birgt die Einnahme von synthetischem Spermidin?

Laut den vorliegenden Daten gilt Spermidin in normalen Mengen als nicht akut giftig 5. In Tierstudien wurden auch bei sehr hohen Mengen (bis 728 mg/kg Körpergewicht/Tag) keine schädlichen Effekte beobachtet 5. Allerdings gilt:
  • Die Reinheit ist entscheidend – Rückstände von Acrylonitril, Lösungsmitteln oder Schwermetallen stellen ein Risiko dar 5.
  • Für den Langzeitgebrauch gibt es kaum Daten, die Evidenz zur Wirkung über längere Zeit ist daher nicht ausreichend erforscht.
  • Eine Überdosierung kann zu Magen-Darm-Beschwerden führen, weshalb die EU einen Grenzwert von 6 mg/Tag sowie eine maximale Konzentration von 2,4 mg/g festgelegt hat 6.

Zulassung in der EU

In der EU ist derzeit nur „spermidinreicher Weizenkeimextrakt (Triticum aestivum)“ als neuartiges Lebensmittel (Novel Food) zugelassen 6, 7. Er darf in Nahrungsergänzungsmitteln für Erwachsene verwendet werden, mit einer Höchstmenge von 6 mg Spermidin pro Tag und einer maximalen Konzentration von 2,4 mg/g. Im Gegensatz dazu sind synthetische Spermidin-Salze (z. B. Spermidin·3HCl) sind bislang nicht zugelassen und dürfen ohne eigene Novel-Food-Genehmigung nicht in Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln eingesetzt werden 7. Diese regulatorische Lücke unterstreicht die Bedeutung der Wahl natürlicher, zugelassener Quellen für Nahrungsergänzungsmittel.

Vergleich synthetisches vs. natürliches Spermidin

Natürliches Spermidin versus künstliches Spermidine

Fazit

Synthetisches Spermidin wird aus erdölbasierten Ausgangsstoffen hergestellt. Zwar wird das Endprodukt gereinigt, doch: Es existieren keine einheitlich standardisierten Herstellungsverfahren, sodass die Qualität und Reinheit von Produkt zu Produkt stark variieren kann – es ist nicht zu 100% rein und häufig bleiben Rückstände der eingesetzten Stoffe zurück. Es liegen bislang keine aussagekräftigen Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen von synthetisch erzeugtem Spermidin beim Menschen vor und es gibt kein synthetisches Spermidin, das für den menschlichen Verzehr zugelassen ist. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass synthetisches Spermidin zwar für die Laborforschung nützlich ist, natürliches Spermidin aus zugelassenen pflanzlichen Quellen für die Nahrungsergänzung beim Menschen jedoch nach wie vor die sicherere und besser charakterisierte Option darstellt, da es wirksam ist und den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

Quellen:
[1] US20230219881A1 – Synthesis of Spermidine, Spermine, and Free Bases Thereof – Google Patents (https://patents.google.com/patent/US20230219881A1/en)
[2] Application and Synthesis of spermidine_Chemicalbook (https://www.chemicalbook.com/article/application-and-synthesis-of-spermidine.htm)
[3] [PDF] Acrylonitrile – Environmental Protection Agency (EPA) (https://www.epa.gov/sites/default/files/2016-09/documents/acrylonitrile.pdf)
[4] Application for the Approval of Spermidine-3HCl Produced by Genetically Engineered Saccharomyces cerevisiae CHRYSPD3 for Use as an Ingredient in Conventional Foods, Foods for Total Diet Replacement and Weight Control and Food Supplement Products Pursuant to Regulation (EU) 2015/2283
(https://food.ec.europa.eu/document/download/9635ba18-7d3c-481b-b32f-b0a20f8c3ea4_en?filename=novel-food_sum_ongoing-app_2024-28790.pdf)
[5] A toxicological assessment of spermidine trihydrochloride produced using an engineered strain of Saccharomyces cerevisiae – PubMed (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/38163454/)
[6] EUR-Lex – 02017R2470-20250220 – EN – EUR-Lex (https://eur-lex.europa.eu/eli/reg_impl/2017/2470/2025-02-20/eng)
[7] Spermidin weltweit: Regulierung und Verfügbarkeit im globalen Überblick (https://www.nordicoil.de/blogs/nahrungsergaenzungsmittel/spermidin-regulierung-verfuegbarkeit-weltweit?srsltid=AfmBOoq-VtFpIple640Oo9h7b8bTuvDJbeniynyDFEV1tj7bCi608dxh)