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AUTOR: von Miriam Berger am 27.09.2018 / www.woman.at

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Was ist das Geheimnis der Jugend dieser Hollywood-Stars?

Für ein langes Leben: Fasten & Spermidin

Weil seine Uroma fitte 110 Jahre lang lebte, wurde er Altersforscher. Heute kann der Grazer Biochemiker Dr. Slaven Stekovic schon einiges darüber sagen, was uns jung erhält. Fasten zum Beispiel. Und dann war der 29-Jährige auch an der Erforschung eines ganz bestimmten Jugendelixiers beteiligt. Was das genau ist, erzählt er uns im Talk. Plus: Askese ist auch in Hollywood ziemlich in. Aus gutem Grund.

Bevor was Neues möglich ist, muss erst mal das Alte weg. Das ist nicht nur bei der Wohnzimmer Einrichtung so, im Blumenbeet und in Sachen Beziehungen, es gilt auch für unseren Körper. Ja, und der hat sogar eine eigene Müllabfuhr, die verbrauchtes Zellmaterial und schädliche Stoffe abtransportieren würde, damit wieder was Junges, Frisches entstehen kann. Aber nur, wenn wir dem Organismus die Straße dafür auch mal freiräumen. Sprich: nicht ständig Nahrung nachfüllen.

 

Aber was machen wir im schlechtesten Fall? “Wir stopfen uns voll, bis unsere Zellen vor Müll aus allen Nähten platzen”, zeichnet der Biochemiker und Altersforscher Dr. Slaven Stekovic in seinem Buch “Der Jungzelleneffekt” ein krasses Bild. Die Folge ist, dass uns all die guten Dinge, die neues Zellmaterial bewirken würde, durch die Lappen gehen: vom Jungbleiben und auch so ausschauen über die Krebsprävention bis zum deutlich längeren Leben.

 

Dabei ist es gar nicht so schwer, das zelluläre Recyclingprogramm, im Fachjargon Autophagie, in Gang zu setzen: Fasten, zumindest einen Tag die Woche, ist der eine Weg zum Jungbrunnen. Den anderen ermöglicht Spermidin, ein altbekannter Stoff, dessen “Zauberkräfte” aber erst jetzt gründlich erforscht wurden. Slaven Stekovic, der dem wissenschaftlichen Team angehörte, verrät uns alle Geheimnisse.

 

Und, Herr Doktor, haben Sie heute, es ist ja kurz vor Mittag, schon etwas gegessen?

STEKOVIC: (Lacht) Nein. Heute habe ich Fasttag. Ich faste regelmäßig ein bis zwei beliebige Tage die Woche.

 

Warum machen Sie das?
STEKOVIC: Weil das Lebensverlängerung auf ganz natürlichem Weg ist. Fasten setzt die sogenannte Autophagie in Gang. Das ist die zelleigene Müllabfuhr. Altes, verbrauchtes Material wird entsorgt, aus defekten und nicht benötigten Molekülen wird neue Energie generiert. Dieses Zellrecycling hält das vorzeitige Altern auf und somit jung. Ständig zu essen, ist hingegen so ein Stress für den Körper, dass er kaum oder gar nicht zur Regeneration kommt.

 

Aber einen ganzen Tag lang hungern – wie schafft man das?
STEKOVIC: Jeder gesunde Mensch sollte das schaffen. Wir sind seit Urzeiten darauf programmiert, solche Phasen auszuhalten.

 

Sie haben ja, wie man in Ihrem Buch erfährt, einen ganz bestimmten Kumpel, der beim Fasten hilft!
STEKOVIC: Ja, Kaffee ohne Milch und Zucker. Schwarzer Tee geht auch. Wann immer ein Hungergefühl auf kommt, gehe ich zur Kaffeemaschine, und der Hunger ist wie weggespült.

 

So viel Kaffee? Ist das nicht schädlich?
STEKOVIC: Nein. Vier bis fünf Tassen am Tag sind überhaupt nicht schädlich. Manche Wissenschaftler erlauben sogar acht bis zehn. Kaffee macht munter, und man ist sich einig, dass er die Lernleistung fördert und sich positiv auf die Herzfunktion auswirkt. Er hilft bei der Fettverbrennung. Auch bei erhöhtem Blutdruck gehen bis fünf Tassen täglich problemlos.

 

Welche kleinen Helferlein sind sonst noch so erlaubt?
STEKOVIC: Bei mir nichts. (lacht) Bei Michael Mosley, einem Arzt und BBC-Moderator, der die Fünf-plus-zwei-Diät – fünf Tage essen, zwei Tage hungern -erfunden hat, ist an den Fasttagen klare Suppe mit 300 bis 500 Kalorien erlaubt.

 

Viele Hollywoodstars schwören auf dieses Fastenregime. Sie aber nicht ?
STEKOVIC: Beim geringsten Essen wird unser Körper angeregt, werden Hormone und Magensäfte ausgeschüttet. Die Gefahr, dann Heißhunger zu bekommen, ist meiner Meinung nach größer als ganz ohne was.

 

Es gibt ja auch noch die weniger krasse Variante: acht Stunden essen, 16 Stunden brav bleiben. Wird da auch schon Schrott in den Zellen abgebaut?
STEKOVIC: Darauf gibt es noch keine einheitliche Antwort. Ich denke aber, wir geben dem Körper zumindest eine Chance auf Autophagie. Gesichert ist, dass sie nach 24 Stunden Fasten einsetzt. Wie es bei kürzeren Zeiten ausschaut, ist schwer zu untersuchen, weil jeder Mensch andere Voraussetzungen mitbringt. Genetik, aber auch körperliche Aktivität zum Beispiel.

 

Aber, und jetzt kommt’s. Ich muss auch gar nicht fasten, um Autophagie in Gang zu setzen. Da soll’s eine Wunderwaffe geben!
STEKOVIC: Ja, Spermidin heißt der Stoff.

 

Die Grazer Karl-Franzens-Uni war ja mit Forschungsergebnissen diesbezüglich weltweit in den medizinischen Fachzeitschriften. Das kann schon was!
STEKOVIC: Ja, wir waren eine Forschungsgruppe um den bekannten Biochemiker Prof. Frank Madeo, wir alle haben dazu beigetragen, dass diese Substanz ihre verdiente Bedeutung bekommt. Spermidin ist ein natürlicher Stoff, der in der Natur so ziemlich überall vorhanden ist, auch in bestimmten Lebensmitteln. Am konzentriertesten findet er sich in Samenflüssigkeit. Gibt man Spermidin unter dem Mikroskop auf eine Zelle, setzt sofort geschäftiges Treiben ein. Der Müll wird eingesammelt und in einer Art zellulärem Magen verdaut.

 

Fasten ohne Fasten. Wow! Da kommt natürlich gleich die Frage zum Sex: Hat Sperma auch diese Wirkung?
STEKOVIC: Diese Frage wird mir oft gestellt, aber ich kann sie nicht beantworten. Wir konnten für diese Forschung noch keine Finanzierungen bekommen. Ich wüsste die Antwort selber gern. Meine persönliche Vermutung ist aber: Ja, hat dieselbe Wirkung.

 

Kann man Spermidin auch in Kapsel- oder Pulverform herstellen?
STEKOVIC: Kann man. Wir haben Spermidin-Kapseln auch bei unseren Studien verwendet. Anfang des Jahres lagen dann Ergebnisse vor, die sich sehen lassen konnten: Die Zugabe von nur zweieinhalb Milligramm Spermidin am Tag senkte die Todeswahrscheinlichkeit durch Herzerkrankung um mehr als 25 Prozent. Ein Grazer Unternehmen stellt die Kapseln her (Anm: thelongevitylabs.com). Ich denke, 2019 werden sie auf den Markt kommen.

 

In welchen Nahrungsmitteln ist denn viel von dem tollen Stoff?
STEKOVIC: Mozzarella mit Tomaten ist eines der besten Essen, was das betrifft. Überhaupt jeder Käse, vor allem Cheddar. Weizenkeime sind eine 1A-Quelle, danach kommen Pilze und Nattō sowie einige Gemüsesorten (siehe auch Tabelle unten).

 

Aha, Nattō, das Sojabohnen-Gericht, das überhaupt so gesund sein, aber sehr gewöhnungsbedürftig schmecken soll. Alle anderen Sachen kann man ja leicht vermehrt in den Speiseplan aufnehmen.
STEKOVIC: Ja, im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung, denn auf die anderen wichtigen Nährstoffe darf man ja auch nicht vergessen.

 

Aber Fasten – kann man das komplett vergessen, wenn man spermidinreich isst?
STEKOVIC: Nein, denn Fasten ist doch noch effektiver und deckt viel mehr ab.

 

Was denn zum Beispiel?
STEKOVIC: Zum Beispiel den Gewichtsverlust, eine angenehme Begleiterscheinung für viele. Die Krebs-und die Alzheimer-Prävention, die Linderung bei chronischen Erkrankungen, die Regulation des Blutdrucks ist noch mal effektiver. Auch die Sinne werden schärfer. Und durch die Entleerung des Verdauungstraktes wird eine längere Phase zur Regeneration des Darms erlaubt. Auch nicht zu vergessen: Fasten spart Zeit und Geld.

 

Beim Fasten kann halt das Hungergefühl doch sehr groß werden. Und schwächt der Nahrungsverzicht nicht auch?
STEKOVIC: Erstens: Ich habe mir angewöhnt, das Hungergefühl wie einen guten Kumpel zu begrüßen. Ich sehe es als Boten für die gesunden Prozesse, die dann in meinem Körper starten. Zweitens: Fasten macht nicht weniger belastbar. Im Gegenteil: Der Bewegungsdrang wird größer. Und man gewöhnt sich daran. Fasten ist, wie gesagt, ein Erbe aus der Steinzeit.

 

…als das Essen vier Beine hatte und sich zierte, auf den Speiseplan zu hüpfen, wie Sie anschaulich schreiben. Der Kabarettist Bernhard Ludwig hat ja übrigens vor einigen Jahren schon die Heutenichts-morgen-alles-Diät aufs Tapet gebracht. Einen Tag wird nichts gegessen, am nächsten Tag ist alles erlaubt.
STEKOVIC: Das ist eigentlich das extremste Fasten-Regime, wenn man bedenkt, wie viele Tage ohne Nahrungsaufnahme da zustandekommen. Die Methode wurde von ihren Anhängern hauptsächlich zum Abnehmen betrieben, sie ist aber auch in Sachen Zellerneuerung sehr effizient.

 

Sie kennen sich aus, Sie sind Altersforscher. Wobei man sich fragt, wie man in Ihrem jungen Alter zu diesem Thema kommt.
STEKOVIC: Das Thema ist doch wahnsinnig interessant. Es geht um Langlebigkeit, ums Älterwerden, aber Nicht-alt-Sein. Der Mensch will so lange wie möglich jung und gesund bleiben. Je früher man damit anfängt, umso besser. Wir Molekularbiologen untersuchen die Zellen. Wie bleiben sie sauber, wann sterben sie, wann entstehen neue? Und es gibt genügend Beispiele von Menschen, die auch später noch großen Spaß am Leben haben. Der englische Unternehmer Richard Branson fällt mir ein, der mit 68 noch Kite-Surfen geht. Aber man braucht kein Geld, um das zu erreichen.

 

So wie Matusa, Ihre Urgroßmutter, die 110 wurde. Sie war ja mit ein Grund, dass Sie in die Altersforschung gingen.
STEKOVIC: Ja, meine Urgroßmutter war lange fit und ist mit 110 friedlich eingeschlafen. Die Frauen der mütterlichen Seite meiner Verwandtschaft hatten alle die Tendenz, sehr alt zu werden. Irgendwann hab ich mich gefragt: Warum eigentlich? Und dann bin ich auf das Fasten gestoßen.

 

Wurde das so großgeschrieben?
STEKOVIC: Ja, meine weibliche Verwandtschaft stammt aus den Bergen im Hinterland von Split. Überfluss gab es da sowieso keinen. Aber zwei Mal die Woche wurde auch noch gefastet, aus religiösen Gründen. Und das Lieblingsessen meiner Uroma war Ziegen- oder Schafskäse mit Tomaten.

 

Das alles deckte sich mit Ihren späteren Forschungsergebnissen.
STEKOVIC: Das und mehr noch. Der Mensch muss auch genug schlafen, er muss aktiv bleiben. Wichtig: Miteinander bleibt man jünger. Familie, Freunde, Partner sind lebendes Anti-Aging.

 

Wie alt sind eigentlich die Männer besagter Frauen geworden?
STEKOVIC: Viel weniger alt leider. Sie haben nicht gefastet und viel ungesünder gegessen. Und der Alkoholkonsum war teilweise auch als Lebensverkürzer mit im Spiel.

 

Was sagt die Forschung zu dem Thema?

STEKOVIC: Man kann noch so viele Untersuchungen lesen und wird nicht schlauer, was die gesundheitliche Wirkung geringen Alkoholkonsums betrifft. Das gibt es Pro und Contra. Meine persönliche Meinung dazu ist: Wenn jemand gern ein Glas Wein am Abend trinkt, soll er das machen. Denn wenn erzwungene Abstinenz als Belastung wahrgenommen wird, erzeugt das Stress, der auch negative Auswirkungen hat. Ohne Genuss geht’s ja auch nicht!

 

Sie erwähnten Stress: Ihr Gegenmittel ist Meditation.
STEKOVIC: Ja, aber Meditation kann auch sein, von einem Berggipfel in die Ferne zu schauen oder sich im Garten mit Pflanzen zu beschäftigen. Alles, was hilft, kurzfristig mal den Fokus zu verlieren, ist gut -und alles, was leicht in den Alltag integrierbar ist.

 

Wie alt wollen Sie selbst gern werden?
STEKOVIC: Die Qualität geht vor Quantität. Aber wenn ich fit bleibe, würde ich schon gern 80 bis 100 Jahre leben.

 

Unser Ablaufdatum, ist das denn nicht eh schon so ziemlich von der Natur festgelegt?
STEKOVIC: Studien an eineiigen Zwillingen haben gezeigt, dass Gene nur zu 25 Prozent unsere Lebenszeit bestimmen, der Rest ist Lebensstil.

 

Sie meinen im Buch, wir würden uns in Sachen Anti-Aging viel zu sehr auf andere verlassen. Auf Ärzte, Pillen, Cremchen.
STEKOVIC: So ist es auch. Dabei kann man das meiste selber und besser bewirken. Was wirklich großen Einfluss hat, ist das, was wir jeden Tag tun. Die vielen kleinen Entscheidungen Essen, Schlafen, Bewegung, Fasten betreffend, summieren sich. Viel mehr, als wenn wir ein Mal über die Stränge schlagen. In Forscherkreisen gibt es den Spruch: Es ist nicht ausschlaggebend, was man zwischen Weihnachten und Silvester macht, sondern zwischen Silvester und Weihnachten.